Wortgottesdienst…nix für mich am Sonntag

Heute Morgen war ich versehentlich in einem „Wortgottesdienst“. Ich/wir fahre(n) immer 15 Kilometer, um sonntags an einer würdevollen katholischen Messe teilzunehmen Und ich war gleich gut gelaunt, weil mir die Frau aus dem Pfarrgemeinderat am Kirchentor zurief, ich bräuchte keinen Impfausweis mehr vorzeigen. Ein guter Start. Aber eben nur ein Start.

Als eine Frau im wehenden weißen Gewand zum Altar schwebte, ahnte ich, dass ich schlechte Laune bekommen würde.

Dazu müssen Sie wissen: Ich bin der letzte Mensch auf diesem Planeten, der irgendetwas gegen Frauen hätte. Frauen sind großartig, das ideale Gegenüber zu uns Kerlen, wenn sie sich eben auch selbst so verstehen. Frauen und Männer sind nicht nur unterschiedlich, sie haben auch unterschiedliche Begabungen, Empfindungen und Aufgaben. In den Augen der römisch-katholischen Kirche sind die Frauen diejenigen, die das Leben weitertragen in die Zukunft, und Männer sind die Bewahrer des Glaubens für die Zukunft, wenn Sie mir erlauben, das so vereinfacht zu beschreiben.

Ich weiß, dass meine vielen evanglischen Freunde das anders sehen, und ich war ja selbst früher Protestant und kenne bis heute phantastische und tiefgläubige Menschen, nie würde ich Menschen, die anders glauben als ich mit Hochmut, der auch nicht christlich wäre, begegnen. Niemals. Vielleicht haben die ja recht mit ihrer Art zu glauben. Alles möglich.

Aber als jemand, der sich den Weg zum katholischen Christsein aus freiem Antrieb über Jahre erkämpft hat, möchte ich da, wo Heilige Messe draufsteht, auch Heilige Messe drin haben. Mit heiliger Eucharistie, mit Weihrauch, mit lateinischen Chorälen, Messdienern und – ja – einem Mann am Altar. Weil ja Jesus Christus vor gut 2000 Jahren 12 Männer zu Aposteln berufen hat, wie wir in der Bibel gelesen haben.

Und nachher werde ich wieder viele Mails und Chat-Nachrichten bekommen, ob ich denn das mit der „Päpstin“ gar nicht wisse, und dass die Bibel doch völlig überholt sei, und Jesus natürlich Frauen dabei hatte, sogar eine Tochter, und ich bin sicher: wenn wir genau suchen bei Dan Brown – da muss auch ein Transgender mit am Tisch gesessen haben. Ganz bestimmt. Und wenn gar nichts mehr hilft, dann haben amerikanische Wissenschaftler irgendwas dazu entdeckt.

Nur, bitte: Ich möchte gern weiter katholisch sein und glauben, wie es einst normal war. Und ich will natürlich auch eine Kirche, die sich an ihre eigenen Regeln hält, und die knallhart durchgreift etwa bei den widerwärtigen Missbrauchsfällen der Vergangenheit. Und ich finde Johannes Hartl toll mit seinen  MEHR-Konferenzen und seinem Gebetshaus. Gottesdienst feiern mit den Stilmitteln der modernen Zeit –  aber nicht verwässert im Inhalt und auch nicht bei den Ritualen und bei der Mystik. Die Kirche ist – wenn Sie selbst nicht glauben, hören Sie hier dann auf zu lesen! – kein Sozialverein, bei dem der Blumenschmuck neben dem Altar und das Liedgut des Männerchores entscheidend ist. Entscheidend ist, dass ein Rahmen geschaffen wird, IHN zu finden und für sich selbst entdecken zu können.

Und da will ich keine Änderungen, die einfach so gemacht werden, weil der Pfarrgemeinderat das halt beschlossen hat. Ich will da sonntags einen Pfarrer am Altar, einen Mann, so wie die Jünger Jesu Männer waren, so, wie es nach meinem persönlichen Glauben sein sollte.

Wem das egal ist, was ich will – hey, nie würde ich irgendwem vorschreiben wollen, wie er oder sie zu glauben oder auch zu leben hat. Macht, was Ihr wollt!

Der damalige Kardinal Ratzinger, später dann Oberhaupt der Katholischen Weltkirche, warnte das Kardinalskollegium im Jahr 2005 in einer Predigt im Petersdom vor – so wörtlich – einer „Diktatur des Relativismus“. Und er sagte seinen Brüdern, sie sollten keine Angst vor einem antichristlichen Zeitgeist haben, sondern einfach weiter fest im Glauben stehen.

Darüber dachte ich vorhin im Wortgottesdienst nach, der an mir vorbeiflog wie die tägliche öffentlich-rechtliche Radiorubrik namens „Kirche in 1 Live“, in der jeden Tag irgendwer etwas Belangloses aus seinem Leben erzählt, ohne dass meistens das Wort Gott überhaupt vorkommt.

Und ich fragte mich selbst, während ich da in der Bankreihe kniete, ob nicht ich selbst das Problem sein könnte. Ob nicht die Welt um mich herum zerbröselt, und ich das bestenfalls noch nicht begriffen habe oder – viel schlimmer – nicht mit der modernen Zeit zurecht komme.

Ich meine, ich stelle mich jeden Tag in dieser oder jener Sache selbst in Frage. Bin ich auf der falschen Seite, muss ich vielleicht Argumente von Gegnern doch ernsthaft bedenken? Das ist ein anstrengender Prozess. Wenn ich in den Netzwerken die Apparatschicks aller Seiten verfolge, die nie an irgendwas zweifeln, bin ich oft fassungslos. Die wissen alles, auch was Putin wirklich denkt oder Biden, und wer noch wo welchen Waffen oder Goldvorräte insgeheim versteckt hat. Sagenhaft. Irgendwer sagt es ihnen, und sie vertreten es bis aufs Blut. Manchmal glaube ich zu verstehen, wie das damals alles geschehen konnte. Es würde auch heute wieder funktionieren. Andere Ideologie, andere Uniformen, aber die Masse marschiert, wenn es ihr befohlen wird.

Vielleicht werden unsere Kinder später von mir sagen: Schrullig, der Alte. Netter Kerl, ganz passabler Vater, aber der wollte doch tatsächlich immer einen Mann am Altar stehen haben sonntags… Ja, das will er, der schrullige Alte…

P.S. Ich weiß, dass der Wortgottesdienst immer ein integraler Bestandteil der Messe ist, dem dann die Eucharistie folgt. Nur die folgte eben  nicht…

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Dieser Artikel wurde 8 mal kommentiert

  1. H.K. Antworten

    Wer am gestrigen Abend das „Wort zum Sonntag“ in der ARD gesehen hat, lernte von „Pfarrer Wolfgang Beck“, daß sich Jesus – wie er wiederholt betonte – mit „Jüngerinnen und Jüngern“ umgeben hat.

    Es bleibt zu vermuten, daß bis Ende des Jahres festgestellt wird, daß Jesus gar kein Mann, sondern eine Frau war.

    Spätestens mit „Maria 3.2“ ist davon auszugehen, daß es auch „Apostelinnen“ gab.

  2. Wkrueger Antworten

    Die Hl Messe können Sie Herr Kelle, dann ja Evtl heute Abend bei Radio Horeb um 18:30 mitfeiern. Die machen tolle Arbeit, ermöglichen Erwerb von Glaubenswissen und echte Andacht. Ein Wunder, wie dieser Sender in dieser Zeit lebt.

    • Klaus Kelle Antworten

      ja, den kenne ich und höre immer mal wieder rein. Aber ein „Ersatz“ ist das natürlich auch nicht. Ich schaue immer, wo hier in der Region Angebote von den Legionären Christi (LC) sind. Das sind gut Leute und gute Patres.

  3. Hildegard Dr. Königs-Albrecht Antworten

    Bleiben Sie stark, Herr Kelle, und bestehen Sie auf einer vollständigen Hl. Messe am Sonntag.
    Vielleicht schauen Sie demnächst vorher im Internet oder der Kirchenzeitung nach, wo was veranstaltet wird, damit Sie sich nicht „umsonst“ auf den Weg machen.

    Falls das nicht zu weit sein sollte, die Franziskaner in Düsseldorf feiern einen sehr würdigen Gottesdienst in St. Maria Empfängnis, Oststraße.

    • H.K. Antworten

      Die OFM-Patres dort sind auch für Ostern sehr empfehlenswert ( zumindest bis vor der Pandemie gewesen ).

  4. gerd Antworten

    „Mene: Gezählt, das heißt, Gott hat gezählt die Tage Deiner Königsherrschaft und sie beendet. Tekel: Gewogen, das heißt, Du wurdest auf der Waage gewogen und für zu leicht befunden. Peres (U-parsin): Zerteilt wird Dein Königreich und den Persern und Medern übergeben“.

    Wortgottesdienste sind das Menetekel für die Wohlfühlchristen.

  5. Katholik aus dem Süden Antworten

    Lieber Herr Kelle,

    in solchen Fällen verlasse ich fluchtartig die Kirche. Ich möchte am Sonntag ebenfalls die Heilige Messe besuchen und nicht eine Wohlfühlveranstaltung der von Ihnen geschilderten Art. Leider ist es an meinem Wohnort und dessen Umgebung so, daß selbst „richtige“ Sonntagsmessen mittlerweile fast ständig Beliebigkeitsveranstaltungen geworden sind, garniert mit grün-fff-wohlfühl-wohlfeil-Predigten.

    Ich möchte auch katholisch bleiben und deswegen besuche ich mehr und mehr die überlieferte Heilige Messe. Genau: „Mit heiliger Eucharistie, mit Weihrauch, mit lateinischen Chorälen, Messdienern und – ja – einem Mann am Altar.“ Und dem geballten Glaubensverständnis von 2000 Jahren.

    Bin ich dann noch schrulliger als Sie…?

    —–
    Hinweis am Rande: Die Predigt Kardinal Ratzingers war nicht 2015 (da ist Ihnen versehentlich eine 1 reingerutscht), sondern 2005.

  6. Alexander Popp Antworten

    Wir haben viele gemeinsame Denkweisen, Herr Kelle, aber hier unterscheiden wir uns komplett. Macht aber nix… Das macht eine Demokratie so wertvoll: schön, sich trotz unterschiedlicher Meinung stehen zu lassen und wertzuschätzen.

    Ein treuer Leser und ordinierter Pastor.

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