Zeigt Rückgrat und sagt Nein!

Der große Nachkriegs-Vorsitzende der SPD, Kurt Schumacher, nannte die SED-Machthaber in Ost-Berlin einst „rotlackierte Faschisten“. Ansinnen von „Drüben“ nach Verhandlungen mit der West-SPD lehnte er brüsk mit dem Hinweis ab, er verhandle nicht mit „Gesinnungsrussen, deren Deutschtum eine bloße Äußerlichkeit ist“. Starke Worte eines Sozialdemokraten, der nach den Jahren der Hitler-Barbarei erleben musste, dass mehr als 5.000 seiner Genossen, die sich der Zwangsverschmelzung der Ost-SPD mit der KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) widersetzt hatten, in Lagern interniert wurden. Teils in Lagern, die Kommunisten von den Nazis übernommen und direkt weitergeführt hatten.

Die SED war damals eine ekelhafte Ansammlung von Spießern, die sich auf der Siegerseite der Geschichte wähnten. Am 9. November 1989 endete der Spuk. Die Mauer fiel, bald darauf folgte die Deutsche Einheit, die viele auch im Westen zuvor längst abgeschrieben hatten. Die Geschichte der DDR endete, die Geschichte der SED aber nahm neue Wendungen. Viele Nutznießer des alten Systems fanden hier eine Heimat in Zeiten, als niemand mehr die Augen vor dem jämmerlichen Versagen des Staatssozialismus verschließen konnte. Die Partei löste sich nicht auf, sondern rettete viel Vermögen in die neue Zeit hinüber. Erst nannte sie sich um in PDS, dann verschmolz sie mit der westdeutschen WASG, einem persönlichen Racheprojekt des einstigen SPD-Hoffnungsträgers Oskar Lafontaine, zur Partei Die Linke. So weit so schlecht.

In Thüringen soll nun einer aus der Partei Die Linke Ministerpräsident werden. Bodo Ramelow heißt der Mann. Er stammt aus der alten Bundesrepublik, wo er Gewerkschaftsfunktionär war. StaSi und Mauerschützen kann ihm keiner vorwerfen. Er trägt gut geschnittene Anzüge, ist klug und redegewandt und gilt als Realo, also als einer, der den Traum von der Weltrevolution längst nicht mehr träumt. Dennoch erstaunt, dass die traditionsreiche SPD und die bürgerrechtsbewegte Grünen, die ja mit Vornamen Bündnis 90 heißen, dafür den Steigbügelhalter geben – zumal die CDU mit Abstand wieder stärkste Partei im Landtag in Erfurt geworden ist. Bündnis 90 – das war der Teil der grünen Partei, der sich selbst in der Tradition der einstigen DDR-Bürgerrechtsbewegung sah und sieht. Ohne ihren mutigen Widerstand gegen das SED-Regime, hätte die deutsche Geschichte ganz anders verlaufen können.

Nun wirken sie also mit am großen Comeback einer Partei, die außenpolitisch in Traumtänzereien wandelt, in der Abgeordnete bei antisemitischen Veranstaltungen auftreten und andere Aktivisten Kontakte in die antifa-Extremistenszene pflegen. Mir fehlt jedes Verständnis dafür. „Die Linke ist eine in Teilen linksextreme Partei“, hatten 2008 vier Abgeordnete der SPD argumentiert, weshalb sie den Tabubruch von Andrea Ypsilanti zur gemeinsamen Regierung mit der Ex-SED in Hessen nicht mitmachen wollten. Bleibt zu hoffen, dass auch in Thüringen einige Sozialdemokraten und Grüne das Rückgrat haben, Nein zu sagen.

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Dieser Artikel wurde 15 mal kommentiert

  1. Andreas Schneider Antworten

    Das Beispiel Ypsilanti kann man den Genossen nicht eindringlich genug in Erinnerung rufen.

    Wo blinde Machtgier die Partei in Hessen hin führte, ist hinlänglich bekannt. Allein die Einsicht der sich „politisch“ wähnenden Kaste lässt – ebenso bekannt – seit jeher zu wünschen übrig.

    So wird – meine Befürchtung – diese neue Koalition abgenickt werden. Und bei der nächsten Landtagswahl hebt dann das Gejammer um das Nicht-Erreichen der 10 %-Marke an.

    Eine – einst honorige – Partei schafft sich ab.

  2. Georg Antworten

    Das was Sie, sehr geehrter Herr Kelle, heute so treffend formuliert haben, entspricht dem heutigen gängigen Muster und dem Zeitgeist der handelnden Parteien = Politiker. Ob es sich dabei um die CDU, die SPD, die FDP, die Grünen und die Linken handelt, ist bei der Gesamtbetrachtung und der Analyse der Situation völlig unerheblich. Wenn es um die Erhaltung bzw. die Absicherung der Macht geht, werden Bedenken unter Ausblendung jeder Prinzipien einfach über Bord geworfen. Dieses Verhalten ist parteiübergreifend festzustellen. Wir alle werden eines nicht so fernen Tages erleben, wie sich die Dinge rund um die AfD entwickeln und welche Szenarien sich bei der Zusammenarbeit“ der Parteien noch darstellen werden. Das Abstimmungsverhalten Einzelner bei der Rente mit 63, was sich als sozialpolitscher Unsinn erwiesen hat, ist dafür ein gutes Beispiel.
    Warum geht es: Macht und Einfluss, nicht um Logik. Punktum.

  3. Fritz - Ulrich Hein alias hein-irol Antworten

    Einerseits kann man sagen, dass man mit ihnen regiert, ist nur, um sie besser unter Kontrolle zu haben. Auf der anderen Seite, wie schon einige schrieben, die Gier ist ein Schwein. Die Gier nach Macht und dem goldenen Fressnapf der Fleischtöpfe.

  4. Dieter Krüll Antworten

    Sehr geehrter Herr Kelle,

    volle Zustimmung zu Ihrem Kommentar, Wendehälse- und Ypsilanti-Vergleiche, alles Ja!
    Eines möchte ich jedoch anmerken dürfen:
    Wir leben in einer Demokratie, Gott sei Dank! Die Linke wird im Osten von vielen Menschen gewählt, das haben wir zu respektieren, wenn …, ja wenn die Linke nicht nur in gewundenen Formulierungen die Anerkennung des Wortes „Unrechtsstaat“ umgeht, sondern aktiv ihre Mitglieder und Wähler darauf hinweist, was Unrecht war (in den Köpfen vieler noch ist) und was nicht mit einem demokratischen Rechtsstaat zu vereinbaren ist.

    Dieter Krüll

  5. Felix Becker Antworten

    Sehr geehrter Herr Kelle,
    ich kann da nichts hinzufügen!
    Ich frage mich nur, wie groß der Empörungsschrei wäre, wenn beispielsweise die CDU/CSU mit der NPD -eine für mich wie „Die Linke“ nicht auf dem Fundament der Menschenrechte stehende Partei- koalieren würde.
    Bauern fahren den Mist aus dem Stall – SDP und GRÜNE tragen ihn in Thüringen und dann wohl auch bald im Bund in den Stall!
    Beste Grüße
    Felix Becker

  6. Eugen Ordowski Antworten

    Mich überrascht die Entwicklung nicht. Weite Teile der SPD Führung bestehen ja nicht mehr aus Sozialdemokraten, sondern aus Sozialisten! Mit B. Ramelow schickt die Linke ein “ Trojanisches Pferd “ in die Arena. Also, nach Außen alles sehr demokratisch! Es sind ja die schleichenden Prozesse, die hier in Deutschland von den Linken iniziert wurden und werden, die in die Katastrophe führen. Mahner und Warner werden sofort in die rechte Ecke gestellt – nur LINKS sein ist gut und modern!

  7. Siegfried Kieselbach Antworten

    Sehr geehrter Herr Kelle,
    für mich besteht das Grundübel darin, dass es leider immer noch genügend Menschen gibt, die aus der Geschichte nicht gelernt haben.
    Die Linke ist in meinen Augen immer noch die Partei der Mauermörder.
    Ein Besuch in Hohenschönhausen ist für diese Unverbesserlichen bestimmt hilfreich.
    Viele Grüße
    Siegfried Kieselbach

  8. Sigrid Ganter Antworten

    Sehr geehrter Herr Kelle,
    Mein Vater hat 1939 bei Ausbruch des
    unsäglichen 2. Weltkrieges zu meiner
    Mutter gesagt: “ die Deutschen haben
    noch nie aus der Geschichte gelernt!“
    Und heute, so viele Jahre später????……
    Da braucht es keinen Kommentar zu
    Ihren interessanten Zeilen. Danke.
    Ein gutes Wochenende
    Sigrid Ganter

  9. H. Urbahn Antworten

    Mit Ihrem Kommentar haben Sie , Herr Krelle, völlig recht. Die SPD ist ja inzwischen zu einer Partei verkommen, die sich nur noch als Mehrheitsbeschaffer versteht wie früher die FDP und sie wird auch so enden. Ein Kurt Schuhmacher würde ja heute nicht mehr als SPD-Mitglied geduldet.

  10. Pingback: Vor der Ministerpräsidenten-Wahl: SPD ruft zum gemeinsamen Vorgehen gegen die Linke auf. | Tichys Einblick

  11. Helmut Schliebs Antworten

    Guten Tag, Herr Kelle,
    Ihrem sehr richtigen Kommentar zu den Vorgängen in Thüringen ist nichts hinzuzufügen. Die Menschen haben nichts aus der Geschichte gelernt. Das ist das eine Übel; das zweite Übel ist die äußerst mangelhafte Wahlbeteiligung. Das liegt sicher auch daran, dass die Politiker sich immer nur um sich selbst drehen und den Wähler mit seinen Wünschen vollkommen alleine lassen. Da fragt sich der Wähler doch, warum er überhaupt noch wählen gehen soll. Wir leben in einer Demokratie; da sollte es für jeden Pflicht sein, wählen zu gehen!
    Ihnen ein schönes Wochenende!
    Helmut Schliebs

  12. Ernst Antworten

    Die SPD koaliert doch im Bund auch mit der CSU. Warum CSU? Erinnern wir uns an das Schicksal von Wolf Biermann? Den die DDR rausgeworfen hat. Erst vor ein paar Tagen hat Bayern dasselbe mit Erhahn aus Kempten gemacht. Sie schmeißt einen jungen Mann aus seiner Heimat Allgäu um ihn in das Land seiner Staatsbürgerschaft abzuschieben, obwohl ein richterlicher Beschluss vorliegt der das verhindern soll. Nur kommt er zu spät an. Dank einer perfiden Organisation durch die Bayrische SED namens CSU.

    • Greiner Wolfgang Antworten

      …ob Herr Biermann, mit einem Mann der offen für den IS, eine Terrororganisation – die mordet , vergewaltigt und brandschatzt – wirbt, verglichen werden möchte:

      Erhan A. hatte sich in einem Interview mit dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ zur Terrormiliz IS bekannt. „Ich würde sogar meine eigene Familie töten, wenn sie sich gegen den ‚Islamischen Staat‘ stellt“, sagte der 22-Jährige, der nach dem Abitur Wirtschaftsinformatik studiert hatte. In 30 Jahren werde auch Deutschland wahrhaft islamisch sein.

  13. Alexander Droste Antworten

    Kontrolle und Verbote, Gesetzesverschärfung (besonders bei Protestaktionen), Niederschlagung, Bevormundung, Abbau von Bürgerrechten und Bildung (Kürzung der Mittel), Bürokratisierung aller Bereiche, Autobahnmaut, Bankgeheimnis, Internierung von Kleinkindern unter dem Deckmantel der Frauenbewegung, Duldung von Rechtsmissbrauch, Neidsteuern, Sozialprojekte, die im Sande verlaufen, Subventionen an Betrüger (Zuckerkartell … ), Verwahrlosung staatlicher Organe, Profilverlust von Parteien und Politikern, ….

    Steckt da nicht ein Plan dahinter? Ein Schelm, der Arges ahnt.

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