Zurück in die Zukunft: Von meinem Besuch gestern bei der CDU in Augustdorf

Seit Jahren gehe ich privat kaum noch zu Parteiveranstaltungen. Als junger Mann habe ich dauernd in Sälen und Hallen rumgehangen, um politische Helden zu bejubeln und politische Gegner wenigstens verstehen zu wollen. Aber heute tue ich mir das nicht mehr an. Der Informationswert ist gleich null, der Unterhaltungswert meistens überaus begrenzt, und wenn ich einmal im Jahr Björn Höcke auf youtube erleben muss, reicht mir das an politischen Veranstaltungen für ein ganzes Jahr.

Gestern war ich mal wieder bei einer Veranstaltung, und ich erzähle Ihnen das, weil nicht wenige Leser meines Blogs und Freunde mir sagen: Klaus, mit der CDU, das wird nichts mehr. Wenn Frau Merkel mit dieser traditionsreichen Partei Adenauers und Kohls, die Deutschland geprägt hat wie keine andere, fertig ist, dann ist sie auf dem Niveau der italienischen Democratia Christiana.

Tatsächlich sind nicht wenige Leute aus meinem Freundeskreis in den vergangenen zwei Jahren von der Fahne gegangen. Leute, die ich teilweise seit Jahrzehnten kenne, mit denen ich vor 40 Jahren im strömendem Regen vor unserem Gymnasium Flugblätter der Schüler Union verteilt habe. Und die mir sagen: Klaus, sei nicht böse, aber ich habe die Nase voll von dieser Frau und ihrer Partei. Ich wähle gar nicht mehr, einige wenige vielleicht FDP und einige viele die AfD.

Gestern also bin ich zwei Stunden im Auto mit meiner Frau ins lippische Augustdorf gefahren, zum Neujahrsempfang des CDU-Stadtverbandes. Erstens stamme ich aus Lippe und bin immer gern mal in der Heimat. Und zweitens war meine beste Frau von allen die Hauptrednerin. Und drittens habe ich den größten Teil meines Wehrdienstes in der Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne dort geleistet, beim Panzerartilleriebataillon 215. Darf man das noch sagen? Egal…

120 Leute waren gekommen, kein Platz blieb leer. Eine Deutschland-Fahne stand im Raum. Der Bürgermeister begrüßte die Gäste mit einer beeindruckenden Bilanz. Augustdorf ist eine wachsende Stadt, einer der jüngsten in Nordrhein-Westfalen. Viele junge Familien mit vielen Kindern leben hier, bei nicht einmal 10.000 Einwohnern gibt es zehn christliche Kirchengemeinden, die prägendste Gruppe sind die Freikirchler, es gibt auch eine freikirchlich orientierte Schule. Der Vorsitzende der örtlichen CDU heißt Frank, und es stellte sich heraus, dass wir uns seit 27 Jahren kennen – aus der Jungen Union, was ich nicht wirklich in Erinnerung hatte. Aber wenn sich zwei lippische JUler treffen, dann gibt es sofort viel zu erzählen. Was macht eigentlich der Jürgen und so? Frank war Soldat, natürlich. Und er heftete mir gleich zur Begrüßung eine gelbe Schleife ans Revers, das Symbol der Verbundenheit mit den Soldaten der Bundeswehr, die irgendwo auf der Welt im Ausland ihren gefährlichen Dienst für unser Land versehen.

Birgit Kelle hielt wieder eine fulminante Rede. Vorher hatte noch ein Evangelikaler zehn Minuten lang ein kluges geistliches Geleitwort gehalten. Es ging um Jesus Christus, heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr bei geistlichen Geleitworten. Schon gar nicht bei der CDU. Es gab noch ein paar Ehrennadeln für verdiente Parteifreunde, die 40 und 45 Jahre durchgehalten haben…trotz allem. Es gab Beifall und wunderbaren Grünkohl mit Kartoffeln und Mettwürsten. Und Krombacher dunkel. Und dann standen alle auf uns sangen zum Abschluss gemeinsam das Lied der Deutschen. Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland… und da war plötzlich wieder so ein Moment, erstmals seit zwei, drei Jahren wieder, wo kurz das Gefühl in mir aufblitzte, dass das noch immer meine politische Heimat ist irgendwie. Nicht die CDU von Merkel und Tauber, aber die in Augustdorf im schönen Lippe.

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Dieser Artikel wurde 16 mal kommentiert

  1. Alexander Droste Antworten

    Rührend.

    Falls irgendwer an der politischen Landschaft in D verzweifelt, sokann er ja mal bei DEUTSCHE MITTE reinschauen. Vielleicht hat die ja die richtigen Antworten auf drängende Fragen.

    Humanistisch, wertkonservativ und sozialliberal, progressiv in Wirtschaft und Gesellschaft. Naturschutz und Verbraucherschutz wie Gesundheitswesen sind nachhaltig aufgestellt. Im Gegensatz zur AfD nicht rassistisch oder anti-europäisch, jedoch aus Fairnessgründen vorläufig gegen den EURO. Satzung und Programm sind so gestaltet, dass sie nichtvon Quertreibern konterkariert werden können. Staatsziel dieser Organisation ist eine laizistische, weltoffene, basisdemokratischere Form der deutschen Verfassung mit NATO-Mitgliedschaft aber ohne Auslandseinsätze außerhalb des NATO-Bündnisgebietes und ausschließlich territoriale Verteidigung.

    Könnte eine Alternative zur Alternative sein, wenn die übrigen Parteien nicht mehr glaubwürdig sind.

    • S v B Antworten

      Rührend! Die kommende Bundestagswahl wird so richtungsweisend wie wohl kaum eine andere seit dem Bestehen dieser Republik. Ohnehin wird es stets schwieriger, politische Weichen neu zu stellen, da diese in den vergangenen drei Legislaturperioden unter Merkel und Gabriel zunehmend festgerostet sind. Falls die konservativen Kräfte im Lande es jetzt nicht schaffen, auch mal über ihren Schatten zu springen, wenn sich bis zur Wahl gar die unzähligen Stimmen des konservativen Lagers auf alle möglichen Splitterparteien aufdröseln sollten, na, dann kann Rot-Rot-Grün oder aber die Vertreter irgendeines exotischen Koalitionskonstruktes unter Merkels Führung in jedem Falle schon mal den Schampus kaltstellen. Beides mag ich mir gar nicht erst vorstellen.

    • PeWi Antworten

      Bitte präziser formulieren: AfD: nicht anti-europäisch, sondern gegen die EU so wie sie sich gebärdet. Das sind zwei verschiedene Schuhe. AfD nicht rassistisch, sondern gegen den mittelalterlichen Islam. Das sind auch zwei ganz verschiedene Schuhe, zumal sie ein Einwanderungsgesetz wollen. Nur zur Verständigung. Ich bin kein AfD-Mitglied und mag die auch nicht sonderlich.

  2. Klaus Kelle Antworten

    welchen Sinn sollen denn Nato-Einsätze innerhalb des Bündnisgebietes haben? 🙂 Gegen Holland vielleicht? o.k., darüber kann man nachdenken….

    • Uwe_aus_DO Antworten

      Auf solche Ideen kommt man vielleicht, wenn man Krombacher Dunkel statt Herforder Pils trinkt… ? Auch in Lippe ist es nicht mehr so, wie es war…

  3. Alexander Droste Antworten

    Verteidigung bedeutet Verteidigung des Territoriums und nicht Schützenhilfe fingierter Kriege in fremden Kontinenten.

    Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis, das einst gegen den „Ostblock“ gegründet wurde. Den gibt es so nicht mehr. Aber man wünscht ihn sich anscheinend wieder herbei, nicht wahr? Angriff ist nicht die beste Verteidigung, schon mal gar nicht gegen Länder, die nichts mit Ostblock zu tun haben, sondern Diplomatie.
    Die NATO „interveniert“ gegen Terrorgruppen in Ländern, wo amerikanische Geostrategen mittels Geheimdienste solche erschaffen haben. Die NATO rüstet sich zu einem handfesten Krieg gegen Russland, der ständig irgendwie von den Geostrategen in Washington versucht wird zu provozieren. Dabei wird Russland mit allerlei Erfindungen beschuldigt. Die NATO stürzt gemeinsam mit Saudi-Arabien, Ägypten, Israel, ins Chaos. Die Türkei bombardiert mit Rückendeckung der NATO völkerrechtswidrig kurdische Gebiete in Syrien und Irak. Russland interveniert mit harten Mitteln und schafft immerhin klarere Verhältnisse. Das passt den Weststrategen aber nicht. Kriegspropaganda und Völkerrechtsbruch machen wir Deutschen fröhlich mit. Damit verstoßen wir gegen die deutsche Verfassung und gegen die UN-Charta. Der UN-Sicherheitsrat wird ignoriert. USA, GB und F haben Vetorecht und spielen dieses gegen alle bestehenden Regeln aus. Die von den USA geführten Kriege sind allesamt völkerrechtswidrig. Als nächstes ist unter Trump der Iran mal wieder dran. Nicht mit der DM.

  4. Alexander Droste Antworten

    „Die NATO stürzt gemeinsam mit Saudi-Arabien, Ägypten, Israel, ins Chaos.“ Es fehlt in dem Satz Syrien: Die NATO stürzt gemeinsam mit Saudi-Arabien, Ägypten, Israel Syrien ins Chaos.

  5. treu Antworten

    Ja, wenn man so unter sich ist, dann mag es noch so manchesmal im guten alten Ortsverband deutschlandweit volkstümeln und und sogar auch etwas konservativ einhergehen. Aber ich wage mal die Behauptung, werter Herr Kelle, wenn die Chefin eingelaufen wäre, dann wäre auch der Ortsverband Augustdorf-Lippe zu Duracellhasen und Dauerklatschern mutiert. Das ist ja das Schlimme, nicht nur am Parteiwesen der CDU, sondern der Masse der Bevölkerung, am Stammtisch zur Höchstform auflaufen und zum Systemkritiker emporsteigen, aber wenn es ernst wird der dramatische Rückfall in devote Obrigkeitshörigkeit und schlüpfriger Wendehalsmanier.

  6. Alexander Droste Antworten

    Mir fällt merkwürdig auf, dass in diesem deutschsprachigen Blog, wo über deutsche Probleme bzw. Problemlösungsgedanken auf deutsch diskutiert wird, die Überschriften englisch sind. Wenn das der Versuch sein sollte, mehr europäisch zu wirken, so sollte es dann auch europäisch multilingual sein. Also zumindest englisch, französisch, spanisch, italienisch, deutsch und unsere direkten Nachbarn niederländisch, tschechisch, polnisch und dänisch. Ansonsten ist die Einführung einer englischen Betitelung „leave a comment“ oder „reply“ Käse.
    Wer hier mitlesen kann, kann auch deutsche Betitelung lesen.

    • Uwe_aus_DO Antworten

      Sehr geehrter Herr Droste,
      Sie sind der Meinung, Der Ostblock (für mich derzeit gleichbedeutend mit Russland) sei keine Bedrohung mehr. Diese Meinung zu haben ist, gottseidank, Ihr gutes Recht. Für mich beruht diese aber, ebenso wie Ihr Urteil über die Rolle der USA in Nahost u.a., auf alternativen Fakten.

      • Alexander Droste Antworten

        Was Fakten sind, entzieht sich unserem Urteil, bis wir uns selber vor Ort ein Bild gemacht, alle Quellen geprüft und alle Argumente abgewogen haben. Daher sind wir abhängig von jenen, die das hauptberuflich machen und es gibt genügend Gründe, die Berichte in den „Mainstream-Medien“ der letzten Jahre anzuzweifeln.
        Um ein ausgewogenes Urteil zu fällen, lese ich nicht nur die Tagespresse und Magazine, sondern sehe mir Berichte in den alternativen Medien an. Dort kann man aus erster Hand erfahren, was zweite und dritte Hand geflissentlich übergehen. Wir können eine bedenkliche Kriegspropaganda gegen einen Feind feststellen, der immerfort beteuert, dass er kein Feind sein will und stets Friedensangebote macht. Die Ignoranz und Arroganz auf seiten des Westens sind kaum zu überbieten.
        Das Urteil lautet: Die Gefahr, die von Russland ausgeht, ist weitaus geringer als die von den USA. Libyen und Irak sprechen ein mehr als deutliches Zeugnis! Beide Fälle wurden von einschlägigen Kreisen angekündigt und mit mehrfach überführten Lügen eingeleitet worden. Wer das leugnet, macht sich der Mittäterschaft mafiöser Verbrechen schuldig.

        • Uwe_aus_DO Antworten

          Sie sagen es selbst: Informationen aus alternativen Medien.

          Fakten sind für mich insbesondere die Annektion der Krim. Oder haben Sie auch dazu eine Alternative?

        • S v B Antworten

          Die Welt ist seit langem aufgeteilt in GUT und BÖSE. Und daran darf unter keinen Umständen gerüttelt werden. Ist es nicht letztlich der menschliche Starrsinn, der alles ruiniert? Eine Tragödie.

  7. Alexander Droste Antworten

    „Fakten sind für mich insbesondere die Annektion der Krim. Oder haben Sie auch dazu eine Alternative?“

    Ganz klar: ja, und zwar Sezession. Die große Mehrheit der Krimbevölkerung ist russisch und zwar schon seit Jahrhunderten. Sie wollten nicht von einer faschistischen Svoboda regiert werden, die ihnen auch die russische Sprache verbieten wollte.
    Russland hat in sofern das Völkerrecht gebrochen, als dass sie auf dem damals noch ukrainischen Territorium dafür gesorgt hat, dass das Referendum nicht gestört bzw. vergindert wurde. Es ist kein Blut geflossen. Es war keine gewaltsame Annektion so wie z.B. von Tibet, wonach kein Hahn kräht.
    „Geostrategisch ist die Ukraine von unschätzbarem Wert. Wer sie beherrscht, beherrscht Eurasien.“ Zbigniew Brzezinski, Regierungberater dr USA

  8. Alexander Droste Antworten

    Für Russland bedeutet die Krim vor allem der Seehafen Sevastopol. Für die USA bedeutet die Ukraine als ganze der militärische Ringschluss um Russland. Das Assoziierungsabkommen mit der EU war nebensächlich. Russland beharrte immer wieder auf einen Pufferstreifen, den die ehemaligen Warshower Pakt Staaten darstellten. Man muss ihnen ja nur genügend Angst einflößen, dann fliehen sie in die NATO. Jetzt wird eifrig die Kriegstrommel gerührt. Danke USA, naja, vielleicht ändert Trump das. Es ist bisher erklärtes Ziel, Russland als Zweite Supermacht nieder zu ringen. Dann ist es leichter, die Kontrolle über Ressourcen und Finanzen zu erlangen. Weil China jetzt mitbestimmt, wird es wieder schwieriger. Daher der angestrebte Chinakonflikt durch Trump.

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