Zu Besuch in der alten Heimat – da, wo jeder seine Wurzeln hat

Diejenigen von Ihnen, die mich schon länger kennen wissen, dass ich aus dem schönen Ostwestfalen stamme, aus dem Fürstentum Lippe, dass zurecht neben Westfalen und dem Rheinland mit seiner lippischen Rose bis heute im Landeswappen von Nordrhein-Westfalen seinen Platz hat.

Die Region am Teutoburger Wald ist unspektakulär, die Menschen gelten als eher wortkarg, bodenständig und zuverlässig. Die Landschaft ist schön, die Wirtschaft brummt, Weltunternehmen wie Bertelsmann und Schüco haben hier ihren Sitz und tragen zum Wohlstand bei.

Spötter meinten lange, das Oberzentrum Bielefeld als nicht existent – ‚gibt’s ja gar nicht – abzuqualifizieren zu müssen, bis der örtliche Fußball-Drittligist Arminia Bielefeld durch die ganze vergangene DFB-Pokalsaison marschierte, vier Erstligisten ausschaltete und sich erst im Pokalfinale dem VfB Stuttgart geschlagen geben musste. Dafür stieg man direkt wieder in die Zweite Liga auf. Ich denke – notieren Sie sich das auf einem Klebezettel – dieser Club wird nächste Saison um den Aufstieg in die Erste Liga mitspielen. Denn Langeweile – das gibt es hier nicht.

Gestern war ich mal wieder in meiner alten Heimat, um meinen letzten noch lebenden Onkel zu besuchen. Sonnenschein, blauer Himmel, 25 Grad. Wald und Felder säumten die Straßen, vorbei an meiner früheren Realschule, und am Horizont der Teutoburger Wald mit dem erhabenen Hermannsdenkmal von überall her sehen zu können.

Hermannsdenkmal, komischer Name eigentlich, denn das Denkmal erinnert an den Cheruskerfürsten Arminius, der im Jahr 9 nach Christus im Teutoburger Wald mit seinen tapferen Germanen die als unbesiegbar geltenden römischen Legionen unter Publius Quinctilius Varus ordentlich vermöbelte – wie wir das nennen – und die Ausbreitung Roms empfindlich stoppte. Man hatte das Völkchen dort wohl unterschätzt, wie zuletzt Bayer Leverkusen auch.

Ich erzähle Ihnen das, weil – Sie merken es – Heimat für jeden Menschen ungemein wichtig ist.

Zu wissen, wo man zu Hause ist, wo die eigenen Wurzeln sind

Wie der Menschenschlag tickt, wo man abends im Gasthaus Skat spielt, Bier und Korn trinkt, wo man Geschäfte verbindlich per Handschlag abschließen kann. Im Grunde da, wo auch heute noch das alte Deutschland lebt. Deshalb lautet die Inschrift des einst von der Firma Krupp geschmiedeten und 11 Zentner schweren Schildes das Hermann/Arminius auf dem Denkmal auch: „Deutschlands Einigkeit meine Stärke. Meine Stärke Deutschlands Macht“. Kernig, oder? Stimmt aber.

Als ich gegen Abend nach vielen Geschichten von meinen Großeltern, unserer Familie, dem Vorzeigen von Fotos der Kinder und Enkel und starkem Bohnenkaffee in mein Auto stieg und den 350 Kilometer langen Heimweg nach Berlin antrat, spürte ich – so wie jedes Mal – Wehmut. Vielleicht sollte ich hier meine letzten Jahre verbringen, da, wo 1959 für mich alles begann.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Klaus Kelle

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Dieser Artikel wurde 5 mal kommentiert

  1. GJ Antworten

    Ein schönes Erlebnis, daß nostalgisch stimmt. Zu NRW habe ich so überhaupt keine Berührungspunkte. Ich erinnere nur zwei Ereignisse, die mich in dieses Bundesland verschlagen haben. Ein Betriebsausflug nach Köln, ein Tag im unwirtlichen kühlen Nieselregen, von einem Gastronomen abgezockt, eine vorab reservierte Fahrt auf dem Rhein mit durchweg beschlagenen Schiffsfenstern, völlig verloren im gigantisch großen Dom, unschöne Szenen am und um den
    Bahnhof. Skurrile Gestalten in der Fußgängerzone. Das ist gut 20 Jahre her, jeder Jeck is anders. Haken dran.
    Und dann 2009. Wir mußten zum Düsseldorfer Flughafen, Flug nach Bergen. Hin war angenehm, unser Sohn fuhr uns mit dem Pkw. Nach einer wundervollen Schiffsreise mit den Hurtigruten kamen wir beseelt in Düsseldorf an. Dann der Horror abends am Hauptbahnhof. Wir mußten 2 auf den ICE nach Frankfurt warten. Zugiger Bahnsteig, keine Sitzgelegenheit. Was da war, war besetzt von Gestalten und/oder versifft. Sehr unangenehme Belästigungen. Später wußte ich, daß das „Antanzen“ genannt wird. Wir blieben eng zusammen und krallten uns am Gepäck fest. Diese beiden NRW-Erlebnisse werde ich nie vergessen. Ach ja, ein drittes fällt mir ein: In der ersten Hälfte der 80er unternahm ich eine Studienreise nach Israel. Eine bundesweit zusammengewürfelte Studentengruppe, von der Bundesregierung organisiert. Ein Reiseerlebnis der anderen Art ab Köln-Bonn. Ich werde nie vergessen, unter welchen Sicherheitsstandards das ablief mit der israelischen Fluggesellschaft. Jedes Gepäckstück wurde akribisch durchsucht, Spürhunde, auf dem Rollfeld mußte dann jedes Gepäckstück persönlich identifiziert und dem konkreten Passagier zugeordnet werden, alles kleinlichst protokolliert. Das, verbunden mit den Eindrücken, die ich als junger behüteter Mensch aus der Provinz in Israel sah und spürte, hat mich sehr geprägt.

    Ansonsten kann ich von keiner Berührung mit dem Bundesland NRW berichten. Allerdings waren dessen Bürger immer sehr spürbar, wenn sie auf den Ostfriesischen Inseln „einfielen“. Nach ersten Erfahrungen auf Langeoog (dort gibt es u.a. ein großes Ferienheim „Bielefeld“) haben wir unsere Urlaubsplanungen immer an dem NRW-Ferienkalender vorbei gelegt.

    Jetzt liege ich bestimmt beim Hausherrn im Salz.

    • Tina Hansen Antworten

      Nein, liebe GJ, der Hausherr wird das einordnen können! Ostwestfalen und das Rheinland sind zwei verschiedene Welten mit einem völlig unterschiedlichen Menschenschlag. Der Ostwestfale ist, wie Klaus Kelle richtig schreibt, eher wortkarg und in seiner leicht trockenen Art meilenweit entfernt vom jecken Kölner. Mentalität, Mundart, selbst die kulinarischen Spezialitäten sind völlig unterschiedlich. Meine Grosseltern, die für mich sehr wichtig waren, stammten aus Minden, dort habe ich einen Teil meiner Kindheit und Jugend verbracht. Bad Salzuflen war der gefürchtete Sonntagsausflugsort meiner Kindheit mit gähnend langweiligen Spaziergängen und Butterkuchen zum Kaffee… der Hausherr dürfte das kennen! Vom Kölner Karneval erfuhren wir aus dem TV und waren befremdet.
      NRW ist halt ein politisches Kunstprodukt, nicht organisch gwachsen. Das merkt man bis heute.

  2. H.K. Antworten

    Ich schütte ja nur ungern Wasser in den Nostalgie-Wein, aber wenn ich heute gelegentlich, eher selten, da bin, wo ich „groß geworden“ bin, so finde ich fast nichts mehr wieder von dem, wie es einmal war.

    Die meisten Menschen sind entweder mittlerweile gestorben oder weggezogen. Die alten Läden in der City gibt es nicht mehr. Überall schießen Dönerläden, 1-€-Shops und Nagelstudios wie Pilze aus dem Boden, vereinzelt sieht man noch „Nicht-Poc‘s“ auf den Straßen.

    Und das ist leider nicht nur dort so.

    Mit wem ich spreche, man geht kaum noch „in die Stadt“, sondern bestellt lieber online. Folge: es machen. noch mehr Läden dicht.

    Auch, wenn einen in der jetzigen Wahlheimat nichts mehr hält:

    Wohin sollte man denn ziehen ?

    Selbst Verwandte „auf dem Land“, die mir 2015/ 16/ 17 noch sagten „ach, all diese Probleme, die haben wir hier nicht“ reden heute ganz anders.

    Selbst Diskussionen über das Auswandern enden i.d.R. mit „ja, ich komme mit ! Aber WOHIN ?!?!“

    Ich sage es nur ungern, aber mich beschleicht so langsam das Gefühl einer allgemeinen „Depression“. Jeder sieht nur noch schwarz, keiner ist wirklich zufrieden, von glücklich gar nicht zu reden.

    Seien wir ehrlich: Für sehr viele ist das Glas schon längst nicht mehr „halb voll“, nicht einmal mehr „halb leer“ sondern nahezu komplett leer.

    All die „Schwarzseher“, „Rassisten“, „Fremdenfeinde“ oder gar „Nazis“, die 2015 beschimpft und in eine bestimmte Ecke gestellt wurden, hatten – leider Gottes – mehr als recht mit ihren Warnungen und Mahnungen.

    Helmut Schmidt würde heute vermutlich längst als „Rääächter“ exkommuniziert worden sein, wäre er noch unter uns.

    KANN MAL BITTE IRGEND JEMAND DAS LICHT WIEDER ANKNIPSEN ?!?!

    • Tina Hansen Antworten

      Depression… ist ein grosses Wort, aber ein Gefühl der Angst beschlich mich durchaus, als ich letzten Samstag mal wieder „in der Stadt“ war und sm hellichten Nachmittag in einem gewöhnlichen REWE-Markt zum ersten Mal nicht mehr sicher war, ob die Frauen mit oder ohne Kopftuch in der Mehrheit waren. Ich war versucht zu zählen, bin dann aber lieber wieder schnell abgehauen an meinen Stadtrand.

    • GJ Antworten

      Lieber H.K., ich kann das nachfühlen und nachvollziehen. Machtlosigkeit, Wehrlosigkeit, Schlafstörung, depressive Verstimmungen, Ausgrenzung. Kenne ich alles. Sich nicht mehr zugehörig fühlen, nicht mehr sehen wollen, was im Umfeld immer mehr um sich greift. In meiner kleinen Heimatstadt, ca. 16000 Einwohner, katholisch, Bürgermeister war CDU, seit 20 Jahren sind die Bürgermeister parteilos. SPD und Grüne haben relativ wenig zu sagen. CDU, FDP und freie Wählerliste haben die Mehrheit. Das Stadtbild ist noch wiederzuerkennen, auch wenn sich in den 40 Jahren, die ich von dort weggezogen bin, viel geändert hat. Es gibt noch den Optikerladen, in dem ich vor 58 Jahren meine erste Brille bekam. Es gibt nach wie vor die Eisdiele meiner Kindheit und das Haushaltwarengeschäft, in dem man nach wie vor von einzelnen Schrauben, Seile und Schnüre am laufenden Meter, Porzellan, Haushaltswaren und Spielwaren kaufen kann. Und das Woll- und Nähgeschäft sowie den gemütlichen Buchladen am Marktplatz. Auch die Blumengeschäfte gibt es schon ewig. Die Fußgängerzone hat noch den alten Flair. Seelenlos empfinde ich die außerhalb entwickelten üblichen Einkaufsketten, die es überall gibt und die Fastfoodläden. Die Stadt hat nicht den Fehler gemacht, die Innenstadt den Döner- und 1 €-Läden zu überlassen. Also in diesem Städtchen läßt es sich noch immer gut leben.
      Zum Abgewöhnen empfinde ich Städte wie Frankfurt, Hanau oder Gießen. Bahnhöfe zum Fürchten, dreckig, üble Gestalten, stinkende Unterführungen. Gegen Abend überall Gruppen ausländischer junger Männer. Man findet kaum noch ein deutsches inhabergeführtes Geschäft, und wenn, dann muß man an zig türkischen, arabischen, afghanischen Friseuren, Kebapläden, Sportwettenläden, Shishabars, arabischen Brautmoden, und diversen Teestuben vorbei, vor denen Männer hocken und einen anglotzen. Nein, nicht mehr mein Land. Abends gibt es wiederholt an zentralen Plätzen oder in Parks Schlägereien mit Messern und anderen Nettigkeiten zwischen ausländischen Banden. Syrer gegen Afghanen oder so. Es geht um Reviere und Vorherrschaften. In Regionalzügen zwischen Frankfurt-Hanau-Fulda-Gießen wollte ich außerhalb des Berufsverkehrs nicht sitzen, schon gar nicht spät abends oder an Wochenenden. Sehr deprimierend. In Frankfurt gibt es durchaus schöne Dinge zu sehen. Nur der Weg dorthin ist unschön, teils gefährlich und beschwerlich. Es sind viele Drogenabhängige und Psychos unterwegs. Das möchte ich mir nicht geben.

      Wenn

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