Vorweg und ganz ehrlich: Um die 16 bald arbeitslosen Redakteure von „Bento“ tut es mir leid, dass sie nun – noch recht jung – wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. 2015 vom „Spiegel“ als junger Ableger 2015 gegründet, segelte die kleine Redaktion so erbarmungslos auf dem vermeintlichen Zeitgeist, dass das Experiment nur scheitern konnte. Der Verlag verkündete die Einstellung des Online-Titels und erinnerte zur Sicherheit nochmal: „Bento“ sei als „eigenständiges Nachrichtenportal konzipiert“ worden. Häh?

Ausgerechnet die aus Bremen stammende öffentlich-rechtliche Nervtöle Jan Böhmermann attestierte „Bento“ schon 2017 „banale Texte, die mit Journalismus nichts zu tun hätten“,  und das völlig zu recht. Solche harten investigativen Geschichten hatte „Bento“ bis zuletzt am Start:

Klar, ein echtes Nachrichtenmagazin, oder? Jedenfalls für die, die nicht die hellsten Kerzen auf dem Kuchen sind. Und doch gab es in der kurzen Geschichte des Online-Magazins ein echtes Highlight, ein Interview mit einer Aktivistin der konservativen WerteUnion aus Niedersachsen, eine sehr sympathische, kluge und attraktive junge Frau mit 14.134 Followern auf Twitter. Überschrift:

Das ist mal ein Thema, an das sich viele der schrumpfenden Mainstream-Medien in Deutschland kaum mehr herantrauen, weil rechts ist ja…huhuhuhuuuu…ganz doll böse. Und die linksextremen antifa-Schlägertrupps, die Polizisten mit Bierflaschen bewerfen und Autos von AfD-Politikern anzünden, die sind ganz doll lieb.

Und so war es ausgerechnet „Bento“, das mir noch einmal ein Lächeln aufs Gesicht zauberte, als sie Linnéa Findeklee in einem Tweet zitierte mit dem Satz: „Deutschland braucht wieder mehr echte und weniger und

Genau so ist es! Aber leider hat die Redaktion das selbst nicht begriffen, und deshalb gibt es sie demnächst auch nicht mehr. Denn auch beim SPIEGEL muss man auf die Ökonomie achten und kann sich nicht dauerhaft Verluste leisten für ein Magazin, das kein Mensch braucht.

Oliver Welke vom ZDF hat solche Sorgen nicht. Trotz seines wenig geistreichen mainstreamgebügelten wöchentlichen Gelabers wird seine Redaktion auch in 100 Jahren noch sichere Jobs haben. Weil wir ja alle gezwungen werden, seinen Laden zu finanzieren.

 

 

 

 

Oli Welke

 

 

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Dieser Artikel wurde 11 mal kommentiert

  1. Alexander Droste Antworten

    Dafür wurde Oli Welke sein Team so’n bisschen von der Antifa verprügelt. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Oder so …

    Bento? Ach da war mal was. Drei mal geguckt und gedacht: Häh? Haben die da Programm für 12jährige Pubertierende? Ach nee, lass mal. Bin ich schon raus aus dem Alter.

  2. Tina Hansen Antworten

    Und was ist nun aus dem feministischen Porno-Startup geworden? Ist Isabell jetzt schwanger und / oder HIV-positiv? Hat sie ihrem „Sexpartner“ eine gescheuert oder nicht? Was wurde aus dem heimlich abgezogenen Kondom?
    Wo bekomme ich künftig Antworten auf meine wichtigen Fragen???

    • Hans-Joachim Leyh Antworten

      Hallo Tina,
      Ja, viele Fragen! Aber so ist das Leben. Manche Antworten bekommen wir schnell und andere dauern 9 Monate. Manche sachen kann man über Delbstversuch heraus bekommen. Zur Not würde ich dabei helfen. Erich Kästner, 1950
      „Moral
      Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es.“

  3. Ruth Antworten

    Hätten Sie es nicht erwähnt, lieber Herr Kelle, ich hätte wohl nie bemerkt, dass es Bento überhaupt gab.

    Nun, auch der Spiegel ist auf dem besten Wege, Bento zu folgen. Es gibt immer mehr Leser, die keinen Cent mehr für deren Art des Journalismus ausgeben wollen. Sogar die bisher treu gebliebenen alt-68er kündigen ihre Abos.

    Nur begreift man in der Spiegel Redaktion woran das wohl liegt?

    • Tina Hansen Antworten

      Liebe Ruth,

      ich mache Ihnen mal die Freude und erzähle Ihnen von meinem letzten großen SPIEGEL-Leseerlebnis vor wenigen Wochen.

      Kennen Sie Juli Zeh?
      Sie ist Bestsellerautorin, hochrangige Juristin, Sozialdemokratin, und sie war – bisher – ein absolutes Hätschelkind der Medien.
      Nun scheint sich der Wind zu drehen. DER SPIEGEL berichtete nämlich unlängst (es war noch in der Corona-, vor der Rassismus-Welle) im Ton gedämpfter Fassungslosigkeit, dass Zeh vor 11 Jahren einen Roman veröffentlicht habe, der jetzt den Verdacht nahe lege, dass sie sich irgendwie in der geistigen Nähe zu „Aluhüten“ und „AFDlern“ befinde bzw. diesen in die Hände spiele. (Die AFD wurde 2013 gegründet, aber egal…)
      Was war geschehen?
      Juli Zeh veröffentlichte im Jahre 2009 den Roman „Corpus Delicti. Ein Prozess“, in dem es um eine Gesundheitsdiktatur geht. Die Geschichte spielt in der Mitte des 21. Jahrhunderts. Aufgeschürfte Kinderknie, Rückenschmerzen und Verdauungsprobleme gehören (offiziell) der Vergangenheit an. Die Regierung, die jetzt als „die Methode“ bezeichnet wird, handelt alternativlos. In der einzigen Talkshow im TV sind alle einer Meinung und machen daraus auch keinen Hehl. Die Menschen trinken statt Kaffee oder Tee heißes Wasser, fertigen Ernährungsprotokolle an und kontrollieren ihre Wohnung auf Bakterien. Die Liebe darf nicht mehr Liebe heißen, und wer seine Nachbarn besonders geschickt denunziert, bekommt einen Platz im Wärterhäuschen und bestimmte Privilegien.Wer nicht mitmacht, gilt als Reaktionär.
      Was mit dem Rauchverbot um die Jahrtausendwende begann, ist etwa 50 Jahre später in einem Terrorstaat geendet.
      Im Zentrum des Romans steht das Geschwisterpärchen Moritz und Mia, das in den Widerstand geht. Während Moritz in den Suizid getrieben wird, geht die Sache für Mia glimpflich aus: Sie wird vor Gericht zu „Alltagstraining“ und „Politischer Bildung“ verurteilt. Es bleibt dem Leser überlassen, welches Ende schlimmer ist.

      Ja, damit hat die Genossin Zeh der AFD nun zweifellos in die Hände gespielt.

      Und sie hat sich noch immer nicht ausreichend von ihrem eigenen Buch distanziert!
      DER SPIEGEL hat deshalb in den Wochen der Corona-Welle immer wieder versucht, Frau Zeh zu sprechen.
      Sie war aber nicht erreichbar.

      • Alexander Droste Antworten

        Sehr erhellend, die Nacherzählung.
        Da kam mir im ersten Absatz beim Lesen des Nebengedankens „(es war noch in der Corona-, vor der Rassismus-Welle)“ das Bild einer Laola-Welle:

        Umwelt-Laola
        Klima-Laola
        Corona-Laola
        Rassismus-Laola
        Aluhut-Laola
        Verschwörungstheoretiker-Laola
        Rechtsextremisten-Laola
        Antisemiten-Laola
        Nazi-Laola
        Schweinegrippe-Laola
        Anti-Saddam-Laola
        IS-Laola
        Anti-Assad-Laola
        Flüchtlings-Laola
        Krim-Laola
        Anti-Putin-Laola
        Donjesk-Lugansk-Laola
        Anti-Trump-Laola
        Twitter-Laola
        Antifa-Laola
        Facebook-Laola
        MeToo-Laola
        Sexismus-Laola
        Manche Laolas werden gemieden wie der Teufel das Weihwasser, wie z.B.
        Alien-crime-Laola (ich nenne es mal so, auf deutsch ist das so sperrig)
        Steuererleichterung-Laola
        😀 😀 😀 Da fällt uns bestimmt noch viel mehr ein.

        Jedesmal, wenn einer der Gazettenfabulisten eine Sau durchs Dorf jagt, macht die gesamte Presse eine Laola. Kaum ist eine neue Sau im Schweinsgalopp unterwegs, ist die andere schon vergessen. Alles nur Kommerz, wenn Sie mich fragen. Sensationsgeilheit will befriedigt werden. Good news are bad news. Es ist ja so schaurig schön, so eine Rotte Rechtsextremistischer Verschwörungsesotherikernazis mit Seuchenpotential. Immerhin muss man möglichst viel Papier, heute Bites, unter die Leute bringen.

        Wenn man das einmal erkannt hat, hat jede Bedrohung seinen Schmunzelwert. Nur sollte man trotzdem achtsam bleiben, denn aus aus einer Laola ist bisweilen auch schon mal ein Tsunami geworden (heil!).

        Liebe Grüße

      • S v B Antworten

        Juli Zeh scheint mit ihrem Roman ähnliche „visionäre Qualitäten“ zu beweisen wie Jean Raspail mit seinem Roman Das Heerlager der Heiligen. Die Utopie zeichnet sich gemeinhin dadurch aus, dass sie nie Realität wird. Die Umsetzung einer Dystopie in die Realität hingegen scheint weitaus glaubhafter im Bereich des Möglichen zu liegen.

        Frau Zeh im Kontext mit ihrem Buch – oder überhaupt – mit der AfD in Verbindung zu bringen, zeugt von einer geradezu überschäumenden Fantasie seitens der Spiegel-Polizisten. Bekanntlich ist diese ja auch schon in der Vergangenheit das eine oder andere Mal mit den Lohnschreibern durchgegangen.

  4. HB Antworten

    Seit Monaten werden ich mit online-Nachrichten des Spiegel regelrecht bombardiert. Keine Ahnung, wie die an meine Adresse gekommen sind. Ich habe schon zweimal per Mail und einmal telefonisch ein Einstellen der Sendungen verlangt. Ohne Erfolg! So kann man die Leserzahlen auch hoch halten!

  5. S v B Antworten

    Rein interessehalber habe ich mir den einen oder anderen Artikel auf Bento zugemutet; wobei ich mich jedes Mal vorsehen musste, nicht vom Main-Stream (also Haupt-Strom) mitgerissen und weggeschwemmt zu werden. Die meist recht infantilen Versuche, die in ihrem Denken noch formbaren jungen Leser in die angesagte politische Richtung zu schubsen und sie dem Zeitgeist gemäß zu konditionieren, dürften für jeden kritisch denkenden Erwachsenen jedenfalls allzu durchschaubar gewesen sein. Dass Bento nun – wohl aufgrund mangelnder Nachfrage – dicht gemacht hat, spricht entweder dafür, dass sich nicht allzu viele junge Leute fürs Zeitgeschehen interessieren, oder dass allzu viele junge Leute die manipulativen Absichten selbst sehr wohl durchschaut haben. Wünschenswert wäre eher Letzteres.

  6. Stefferl Antworten

    Ja, die bento-Artikel waren schon herrausragend! In dem „Dieser-Schuft-hat-heimlich-das-Kondom-abgezogen“-Artikel ging es ja gar nicht einmal um die gesundheitlichen Folgen des One-Night-Stands, sondern um die Frage, wer die „Pille-danach“ bezahlt, wo sie doch nicht einmal weiß, wie der Typ heißt und wo er wohnt. Ich habe mir die Frechheit herausgenommen, den Artikel auf Facebook zu kommentieren. Sinngemäß habe ich geschrieben, dass man, wenn man mit „irgendeinem Deppen“ aus irgendeinem Club Sex hat, sich nicht beschweren darf, wenn man es dann auch mit „irgendeinem Deppen“ zu tun hat. Ich bräuchte nicht zu erwähnen, dass ich daraufhin sofort von der bento-Redaktion auf deren Facebook-Seite gesperrt wurde. 🙂

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