„Making people happy“ – Was ein erfolgreiches Unternehmen ausmacht

Vor fast 20 Jahren nahm ich an einer Chefredakteurskonferenz des norwegischen Schibsted-Medienkonzerns in Stockholm teil. Ein schickes Hotel am See, 30 Kollegen aus mehreren europäischen Ländern, Matjes in sechs verschiedenen Saucen zur Auswahl und Schwarzbrot. Tolle Atmosphäre, kreativ und innovativ und jede Menge Spaß. Ich erinnere mich noch an einen Vortrag, bei dem uns der Refernt schilderte, dass man demnächst mit dem Handy bezahlen kann, wenn man vor einem Cola-Automaten steht und eine Dose Coke ziehen will. Boah, haben wir da alle gestaunt.

Und besonders erinnere ich mich noch an einen Top-Coach aus – na klar, woher sonst?  – den USA. Zum Thema Unternehmensphilosophie brachte er uns bei: Um eine gute Idee zu beschreiben, bedarf es nicht mehr als fünf Worte. Fünf! Dabei müsse man sich stringend am Kern des Geschäfts ausrichten.

Als Beispiel wählte der Redner Walt Disney, der einst gefragt wurde, was seine Geschäftsidee sei. Er antwortete nicht, dass er Comicfiguren erfindet, Cartoons zeichnen lässt, Filme produziert oder Freizeitparks baut. Die Antwort von Walt Disney auf die Frage, was er eigentlich geschäftlich mache, lautete: „Making people happy!“ Menschen glücklich machen – das und nur das war seine Geschäftsidee.

Heute Morgen las ich von der Vorstellung des Geschäftsberichts 2018 des Axel Springer Konzerns, dem zufolge das Medienhaus „erfolgreichste Jahr der Unternehmensgeschichte“ (Döpfner) hinter sich hat. Wie ist das möglich, werden Sie jetzt fragen, wo doch nahezu alle Zeitungen seit Jahren massive Auflagenverluste und damit verbunden auch Einbußen im Anzeigengeschäft haben?

Ganz einfach: Weil sich das Nutzerverhalten, das Leserverhalten geändert hat. Das Zeitalter des bedruckten Zeitungspapiers ist vorbei. Es ist tot! Nehmen Sie Abschied! Die Zukunft ist digital – ob wir das wollen oder nicht. Und nicht aus Zufall steht Springer heute so glänzend da. Als andere noch in neue Zeitungsdruckereien investierten, schickte der Konzern den früheren BILD-Chef Kai Diekmann für über ein Jahr ins Silicon Valley nach Kalifornien. Seine Aufgabe dort: Essen gehen, Leute kennenlernen, Ideen aufsaugen und mit nach Deutschland bringen.

Ein schöner Job, oder? Mittags unter einem Sonnenschirm am Meer sitzen, frische Gambas („Catch of the Day“) essen, stilles Wasser mit Eiswürfeln genießen bei 35 Grad Celsius – ohne Krawatte und in Turnschuhen mit jungen Topstrategen von Google, Microsoft und Apple. Und die Milliardengeschäfte der Zukunft erdenken.

Was verkündete Matthias Döpfner gestern an Kernzahlen?

Der Anteil der digitalen Geschäfte am Konzernumsatz stieg vergangenes Jahr auf 70,6 Prozent. Digitale Geschäftsmodelle erwirtschafteten 84,3 Prozent des bereinigten operativen Gewinns. Der Umsatz stieg um 9,6 Prozent.

Der gesamte Konzernumsatz stieg um 4,1 Prozent auf 3,18 Milliarden Euro. Der bereinigte Gewinn stieg um 14 Prozent auf 737,9 Millionen Euro.

Das sind die harten Fakten, die die Wirklichkeit abbilden. Nicht das vorfreudige Geraune im Internet, dass die „Systemmedien“ demnächst endlich zusammenbrechen werden, weil sie nicht mehr so viel gedrucktes Papier verkaufen.

„Wir befinden uns auf dem Weg zum reinen Digitalunternehmen“, sagte der Springer-Vorstandschef Döpfner gestern in Berlin. Verlagsgründer und Namensgeber Axel Springer wäre stolz gewesen.

Und sein Erfolgsrezept formulierte Döpfner so: „Zeichen der Zeit frühzeitig erkennen.“ Das sind nur fünf Worte. Und mehr braucht man nicht, um ein erfolgreiches Geschäft zu beschreiben.

 

Weitere Informationen finden Sie hier.

 

 

 

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Dieser Artikel wurde 7 mal kommentiert

  1. HB Antworten

    Leider bin ich keine Betriebswirtin. Kann mir bitte jemand erklären, warum eine Nettoverschuldungszunahme auf € 1.249,2 Mio eine Erfolgsbilanz ist?

  2. gabriele bondzio Antworten

    Nicht so einfach zu erklären, die Bilanz. Das entscheidende in einem Betrieb ist die Gewinn/Verlust-Rechnung..
    Festzustellen in im GUV-Konto. Das auf der Soll-Seite alle Verbindlichkeiten und auf der Haben-Seite alle Forderungen erfasst. Haben sie mehr Forderungen als Verbindlichkeiten wird der Gewinn auf der Soll-Seite und der Verlust auf der Haben-Seite ausgewiesen.
    Schlussendlich werden alle Aktiv und Passivkonten zusammen gefasst. In der Aktiva(Kapitalaufwand)/Passiva(Kapitalquellen)-zu der auch der Gewinn zählt und auch Verbindlichkeiten bei Banken. Wenn sie also einen satten Gewinn haben, brauchen sie weniger Eigenkapital oder Fremdkapital nachzuschießen. Das sie Fremdkapital aufnehmen schmälert nicht ihren Gewinn im Betrieb, weil der Einsatz von Fremdkapital (Zinsen) steuerlich absetzbar ist
    Hoffe ich konnte mich verständlich ausdrücken.

  3. Lesebrille Antworten

    Sagenhaft spannend!
    Sollte inzwischen nicht ein Ruck durch das Land gehen? Jedoch: Alles „wie immer“.

    “Zeichen der Zeit frühzeitig erkennen.”
    Dazu meint Winnetou: „Wenn Büffel nicht hier, dann Büffel woanders.“

    Na, dann: „Hasta la vista, Baby!“

  4. gabriele bondzio Antworten

    Zeichen der Zeit“…unter dem Artikel „Rasen ist des Bürgers erste Pflicht“ ist auch eine kuriose Feststellung getroffen worden. Da der Auto-Motorradfahrer sich disziplinierter an die Geschwindigkeitsvorgaben hält, stellen die Kommunen einen Einnahmerückgang fest. Das Fremdkapital (in Form von Bußgeldern) bleibt aus.
    „Das Nachsehen haben die Kämmerer. Ratlos fragen sie sich, glauben wir dem Darmstädter Echo, wie „es zu dem Einnahmerückgang“ kommen konnte, zumal die Zahl der Einwohner in den letzten zehn Jahren um 20.000 gestiegen ist, mithin auch mehr zahlungspflichtige Verkehrssünder unterwegs sein müssten.“ Die Auflauerungsaktionen haben trotz „zusätzlich zu den polizeilichen Kräften 47 Hilfssehriffs und ein privater Sicherheitsdienst angeheuert. Das Bemühen war vergeblich, das Geld für die personelle Aufstockung verloren.“ Bilanz also verheerend, da die Kosten dem Aufwand nicht gerecht werden. Das alte Sprichwort-außer Spesen nix gewesen greift.
    „Der grüne OB von Darmstadt, der unlängst zusammen mit seiner Entourage nach San Antonio in Texas flog, um die Möglichkeiten einer Städtepartnerschaft zu prüfen, musste er sein Frühstück im Hotel schon selbst bezahlen.“ …was sind das für harte Zeiten für die armen Bediensteten! 🙂
    Nun müssen sie die Kommunen nach einer neuen Finanzierungsquelle umschauen.
    “Making people happy!” wird für den Bürger wohl nicht in Betracht gezogen!

  5. Harald Hütt Antworten

    Sehr geehrter Herr Kelle,

    ich empfehle Ihnen den heute erschienenen Artikel des deutschland-kurier zu lesen.
    In diesem – mit Querverweis auf andere Medienquellen – wird ein gegenteiliges Bild des Erfolgs? von Herrn Döpfner gezeichnet.

    https://www.deutschland-kurier.org/aktie-bricht-ein-springer-chef-doepfner-geraet-schwer-unter-druck/

    Als studierter Ökonom – BWL in Aachen und an der Frankfurt School for Finance & Management – erscheint mir die Entwicklung des Aktienkurses, auch in diesem Artikel thematisiert, eher ein Beleg der Negativperformance dieses CEO zu sein!

    Abschließend mit Vergil: „Felix qui potuit rerum cognoscere causas“

  6. Martin Antworten

    „Die Antwort von Walt Disney auf die Frage, was er eigentlich geschäftlich mache, lautete: “Making people happy!”“:
    Naja. Das hätte Pablo Escobar auch sagen können.
    Es ist halt eine andere Art von „happy“.

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