Ruhe in Frieden, Michail Gorbatschow!

In Moskau wird heute der frühere sowjetische Staatschef und spätere Friedensnobelpreisträger Michail Gotbatschow beigesetzt. Es werden nicht Hunderttausende weinend mit Blumen an den Straßen stehen, wenn schwarze „Wolga“-Limousinen vorbeirollen, eine davon mit den sterblichen Überresten (was für ein schlimmer Begriff) des Mannes, der wie nur wenige andere Staatenlenker die Deutsche Einheit möglich gemacht hat.

Es werden sicher einige Wegbegleiter kommen, Freunde, Mitarbeiter, mangels Staatschefs werden viele Botschafter stellvertretend für ihre Länder am Sarg Abschied nehmen. Nicht einmal Präsident Putin wird kommen, weil er – leider, leider – „Terminprobleme“ habe, wie sein Sprecher mitteilte. Putin, der so gerne die Sowjetunion zurückhaben möchte, wollte seinen Fans wohl ein Zeichen geben, was er von Gorbatschow wirklich gehalten hat mit seiner Perestroika und Glasnost – dem genauen Gegenteil dessen, für das Putin steht.

Aber einen weltweit geachteten Friedensnobelpreisträger, den kann man auch nicht einfach ignorieren. Und so kam Putin gestern für einen schnellen Fototermin zum Sarg „Gorbis“ und fertig.

Mein Vater, WK2-Teilnehmer und drei Jahre unfreiwillig „Gast“ in einem sibirischen Gefangenenlager wie Millionen andere deutsche Soldaten auch, hat mich schon als kleiner Junge immer wieder gewarnt, man könne Russland – also der politischen Führung – nicht trauen. Heute weiß ich, wie recht er mit seiner Einschätzung hatte. Aber ich weiß noch, wie fasziniert mein Vater war, als Gorbatschow auf der Weltbühne erschien und dann mit seiner weltgewandten Frau Raissa nach Deutschland kam, wo ihm auch die Bevölkerung einen begeisterten Empfang bereitete. Und wie er 1989 mit seinem Satz „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ den Aufbruch in der DDR einleitete, den die Ostdeutschen damls auf den Straßen bereits begonnen hatten…

Tatsächlich hatte ich die Ehre, Gorbatschow vor 20 Jahren in Köln, wo er von einem Bürgerverein für seine Verdienste geehrt wurde, live zu erleben. Ein wirklich beeindruckender Mann, der die Welt verändert hat, und der in wenigen Jahren als Fußnote der Geschichte wohl vergessen sein wird…

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Dieser Artikel wurde 9 mal kommentiert

  1. Acim Koester Antworten

    Ohne Zweifel haben wir Michail Gorbatschow viel zu verdanken, wenn auch seine Beweggründe andere waren als von uns erhofft. Die Sowjetunion war politisch und wirtschaftlich am Ende, und M.G. galt im eigenen Land als unfähigster Präsident aller Zeiten, der sein Land zugunsten westlicher Interessen vernichtet hatte. (Evtl. Übereinstimmungen mit O. Scholz und der Ukraine sind rein zufällig). Wir im westlichen Teil der Welt haben sowohl vom Zusammenbruch der UdSSR wie auch dem Wegfall des Eisernen Vorhanges profitiert, und das sollten wir dankbar und zufrieden hinnehmen.
    R.I.P. Gorbi

  2. H.K. Antworten

    Ich denke, daß viele verschiedene Faktoren zusammenkamen.

    Aber ohne Sympathien zwischen Michail Gorbatschow und Helmut Kohl, der in diesem Zusammenhang von Vielen gern „vergessen“ wird, hätte es die deutsche Einheit nicht gegeben.

    Ruhet in Frieden, Ihr zwei.

  3. GJ Antworten

    Möge er in Frieden ruhen. Ich hoffe, es wird auch hier eine würdevolle Gedenkfeier geben. Das berühmte Zitat, hat ER das wirklich gesagt oder war es Gerassimov?

  4. Angelika Antworten

    Ich denke, Gorbatschow war ein sympathischer Mensch aber als Politiker nicht der Schlauste. Er hatte eine gewissen Naivität „Es wird schon laufen.“
    Das war für alle Unterworfenen der Sowjetunion gut, weil sie frei wurden. Aber für alle, die das Sowjetimperium gerne in irgendeiner Form erhalten hätten (wie Putin) war das schlecht.
    Man könnte ihn mit dem schwachen König eines Imperiums vergleichen, unter dem das Imperium zerfällt. Natürlich finden das alle Völker, die nun frei werden gut, aber für das Imperium war es schlecht.
    Aber vielleicht wäre das Imperium sowieso nicht mehr lange zu halten gewesen?

  5. gerd Antworten

    Einer der wichtigsten Förderer des M. Gorbatschow war Juri Andropow, der Chef des KGB, indem auch Putin Karriere gemacht hat. Wir sollten nicht vergessen das M. Gorbatschow seid 1952 Vollmitglied bei der kommunistischen Partei der Sowjetunion war, die für die größten Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen in diesem Riesenland verantwortlich gewesen ist. Am Ende war er einer derjenigen die eingesehen haben, dass sein eigenes Land wirtschaftlich am Ende war. Diese Erkenntnis hat ihn letztlich einen versöhnten Platz in der Geschichte einnehmen lassen. Dazu hat auch der damalige Papst Johannes Paul II. einen nicht unerheblichen Anteil geleistet, mit seinem Besuch in Polen läutete er das Ende des eisernen Vorhangs ein.

  6. Opa_Tabasko Antworten

    Es wäre angebracht, dass Franz Steinmeier Gorbatschow die letzte Ehre gibt und am seinem Grab eine Rede hält. Immerhin hat Gorbatschow die deutsche Einheit ermöglicht.

    • Achim Koester Antworten

      F.W. Steinmeier hat in seiner Rede zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung schon vergessen Helmut Kohl zu erwähnen, wie könnte man da von ihm erwarten, dass er Michail Gorbatschow kennt?

      • H.K. Antworten

        Naja …

        „Mutti“ hat Helmut Kohl den Flug mit einer Challenger der Luftwaffe zu einer Einheitsfeier am 3. Oktober verweigert …

        Aber schon deutsche Fähnchen am Wahlabend angewidert in die Ecke wirft …

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