Heute jährt sich der Tag, an dem ich vor dem Fernseher weinte

Heute vor 35 Jahren wurde Helmut Kohl vom Volk zum Bundeskanzler gewählt. Schon am 1. Oktober 1982 war er durch den dringend notwendigen Koalitionswechsel von der SPD und Schmidt zur Union ins Amt gekommen. Die Bürger bestätigten die schwarz-gelbe Vernunftehe eindrucksvoll. Und die Sozialdemokraten verabschiedeten ihren großen Kanzler Helmut Schmidt mit einem schäbigen und gegenüber der Sowjetunion unterwürfigen Beschluss gegen den NATO-Doppelbeschluss, der später maßgeblich zum Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums Moskauer Prägung führte.

Ich war junger Wahlhelfer in einem Wahllokal der Hauptschule Holzhausen in meiner Heimatstadt Bad Salzuflen. Noch nie zuvor war die CDU dort auch nur in die Nähe der 40 Prozent gekommen. Als wir an diesem Abend ausgezählt hatten und der Wahlleiter hinter der CDU als erste Zahl eine 4 mit Kreide an die Tafel schrieb, begriff ich, das heute etwas Historisches in meinem Land geschehen würde. Freiheit statt Sozialismus hatte Kohl im Wahlkampf versprochen und eine geistig-moralische Wende. Ich hatte wochenlang jeden Tag Wahlkampf betrieben in unserer Ortsunion, die von einem Bauern geleitet wurde. Im strömenden Regen fuhren wir mit einem CDU-beschrifteten VW Bulli nachts durch die Stadtteile und klebten Kohl-Konterfeis auf Plakatständer. Samstags standen wir in der Fußgängerzone der Innenstadt, verteilten Broschüren und Luftballons und Aufkleber. Ab und an kamen Aktivisten der örtlichen DKP-Ortsgruppe vorbei und pöbelten uns an. „Fußkranke der Weltrevolution“, so hatte Kohl solche Leute bei einer Kundgebung vor dem Detmolder Rathaus genannt.

Die geistig-moralische Wende kam nicht, was mich irgendwann sehr enttäuschte. Dafür wurde das Privatfernsehen eingeführt, was ich gut fand und finde. Nicht wegen Dschungelcamp und Casting-Shows, sondern wegen Pluralität und echter Konkurrenz zum Staatsfunk. Das wurde letztlich auch enttäuschend für mich.

Die Einheit hat nicht Helmut Kohl erfunden, aber er hatte den richtigen Riecher. Als der „Mantel der Geschichte“ wehte, griff er beherzt zu. Mit seinem Zehn-Punkte-Plan zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit unseres Vaterlandes (Aufpassen Gender-StaSi!), mit seiner unnachahmlichen Umarmungsstrategie gegenüber skeptischen Staatschefs. Die Amerikaner unter George Bush senior waren sofort an Deutschlands Seite. Margret Thatcher wollte überhaupt nicht, aber Kohl nötigte sie so lange zum Saumagen-Essen, bis sie aufgab. Und mit Gorbatschow saß er am Rhein und philosophierte um Truppenabzug und Einheit, später mit Jelzin soff und schwitzte mein Kanzler in einer russischen Sauna. Ja, ich stehe heute noch dazu, dass ich Kohl immer wieder gewählt habe, obwohl er kein Konservativer war. Aber er war ein Patriot, für den das Wort Pflichterfüllung keine leere Hülse war. Der Platz ließ für die Flügel, der den Herz-Hesu-Marxisten Blüm ins Kabinett holte und den schwarzen Sheriff Dregger für die Konservativen. Welcher Minister stand eigentlich im Kabinett Merkel zuletzt für…irgendwas? Außer Frau von der Leyen für das Runterwirtschaften der Bundeswehr.

In wenigen Tagen wird Frau Merkel erneut zur Bundeskanzlerin gewählt. Wahrscheinlich werde ich wieder weinen. Aber aus anderen Gründen als damals.

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Dieser Artikel wurde 5 mal kommentiert

  1. Alexander Droste Antworten

    Nö, weinen werde ich nicht. Ich werde mich in zivilem Ungehorsam üben, während unsere Republik sukzessive in einen linken totalitären Gender-Political-correctness-Staat umgewandelt wird. Denn dafür steht für mich die GroKo. Marodierende Banden sind überall schon unterwegs, staatliche und nichtstaatliche Organisationen sorgen für Ausgrenzung und Verfolgung jener Leute, die als „rechts“ stigmatisiert werden – von jenen selbst über Subventionen finanziert versteht sich. Kürzlich wurden der Geschwister Scholl gedacht, die sich mutig widersetzt haben. Ich werde es ihnen gleich tun. Ob ich dafür auch hingerichtet werde, ist zur Zeit noch unwahrscheinlich.

  2. colorado 07 Antworten

    Ja, auch ich hatte mein Herz an diese Partei verloren und muss jetzt erbittert feststellen, dass sie es nicht wert war.

  3. Heidi Bose Antworten

    Jetzt weiß ich nicht, ob wir von zwei verschiedenen Vorgängen sprechen: meine Erinnerung war immer, dass Helmut Schmid gestürzt worden ist von der FDP (Genscher, Lambsdorf etc.) und Genscher sogar die Amerikaner einschalten und um Hilfe bitten musste, damit die Mauer fallen konnte, weilt Kohl das nicht wollte. So jedenfalls hat das Geschehen viele Jahre später Genscher in seiner Autobiographie beschrieben.

  4. Nick von Stra Antworten

    Ja, es ist schon erstaunlich, was aus der CDU wurde und man fragt sich unweigerlich, wie würden die Altvorderen heute denken, wenn sie sehen, dass diese Partei ihre Werte dem Mainstream und der Beliebigkeit zum Wohle (nicht des Volkes sondern) alleine des eigenen Machterhalts geopfert haben.

    Ich wähle immer noch meines Erachtens die gleichen Inhalte, muss dafür aber mein Kreuz alternativ vergeben. Es ist traurig, welche Kröte man deswegen „zusätzlich“ schlucken muss und deswegen heißt es wachsam bleiben. Aber es wirkt, der ein oder andere hat sich offensichtlich von seinen Schwachsinnspsrolen a la „Hurra, das Facharbeiterproblem ist nachhaltig gelöst“ schmerzlich verabschieden müssen. Letztendlich gilt auch hier, nichts ist härter als die Realität.
    Wäre schön, wenn sich die gewählten Volksvertreter a) sich dieser stellen würden und
    b) wenigstens versuchen würden, diese zum Wohle des Volkes zu beeinflussen.

  5. peterg441 Antworten

    Peterg441
    Viele der vorangegangenen Politiker würden mit ihren damaligen Ansichten heute in die Rechte Ecke geschoben!

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