Darf man Verbündete abhören? Ja, wenn sie Verräter an der Spitze hätten

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel waren sich mal wieder einig. Beim regelmäßigen Treffen des deutsch-französischen Ministerrats verurteilten sie gestern gemeinsam mit deutlichen Worten die 2004 und 2005 offenbar gängige Praxis, dass Nato-Partner Dänemark der amerikanischen NSA dabei half, europäische Spitzenpolitiker abzuhören, darunter Merkel selbst und auch der frühere Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der heute unser Bundespräsident ist.

Als diese Abhörpraxis damals bekannt wurde und die BILD auf der Seite 2 Schaubilder veröffentlichte, wie der US-Geheimdienst vom Dach ihrer Botschaft am Pariser Platz in Berlin Merkels Mobiltelefon anzapfte, war ich genauso empört wie wohl fast alle Bürger. So geht man mit Freunden nicht um und auch nicht mit Partnern oder Verbündeten. EU und Nato basieren auf einem gemeinsamen Werteverständnis, auf Demokratie und Rechtsstaat, auf Gewaltenteilung, auf Freiheit. Und dann so was. Und dass es ausgerechnet die Amerikaner waren, deren Freiheitsverständnis und Unterstützung gerade für Deutschland ich immer hoch geschätzt habe, macht es noch schlimmer. Wieder was gelernt, Staaten sind niemals Freunde. Alle haben Interessen, die sie verfolgen, außer Deutschland natürlich, wir geben alles aus der Hand und vertrauen auf die internationale Gemeinschaft. Weil die ja genau wie wir nur Gutes im Schilde führen.

Was in der ganzen Diskussion leider zu kurz gekommen ist und bis heute kommt, ist die Frage: Warum misstraute die Weltmacht Amerika eigentlich der deutschen Bundeskanzlerin und ihrem Außenminister? Merkel hatte doch von Anfang an ihre Treue zur westlichen Führungsmacht bekundet und ließ sich beim G8-Gipfel 2007 In Heiligendamm sogar beim Dinner von George W. Bush kurz den Nacken massieren. Kein Grund für Misstrauen eigentlich, oder? Aber die Amis sind da eher sachorientiert, und ich hoffe inständig, dass unsere drei deutschen Geheimdienste das ebenso halten trotz der schrecklichen politischen Führung, die wir derzeit in Deutschland haben. Zur Erinnerung: Es ist immer noch die gleiche Angela Merkel von damals, die auch heute noch in der Schaltzentrale der Macht sitzt und Strippen zieht.

Bekanntermaßen ist der Karriereweg der FDJlerin aus der Uckermark …sagen wir… ungewöhnlich. Die evangelische Pfarrerstochter aus der SED-Familie, die nach der Einheit 1990 aus dem Nichts an die Spitze der rheinisch-katholischen CDU Adenauers und Kohls kam. Nie eine Beitrittserklärung bei der Partei unterschrieben, sondern über den Umweg Demokratischer Aufbruch eingegliedert worden. Es sind zahlreiche Aussagen früherer Weggefährten überliefert, dass sie bis 1989 mit der CDU aber auch gar nichts am Hut hatte. Sie versuchte in die neu begründete Ost-SPD einzutreten, doch die wollte Frau Merkel nicht haben. Obwohl ihr ganzes politische Umfeld in der Wendezeit aus aufgeflogenen Informellen Mitarbeitern (IM) der Staatssicherheit bestand, findet sich in der Stasi-Unterlagenbehörde bis heute kein einziges Blatt über unsere Bundeskanzlerin. “Und genau das kommt mir seltsam vor”, sagte mir 2018 in einem Gespräch mal Hubertus Knabe, der Mann, der die Stasi-Akten 17 Jahre lang federführend als Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen verwaltete. Und was genau hat Frau Merkel eigentlich in ihrer Studienzeit in Moskau kurz vorher noch gelernt?

Gab es da wirklich nichts in den Akten? Haben Mielkes Spitzel ausgerechnet Angela Merkel übersehen? Oder war da was in den Koffern, mit denen Stasi-Chef Markus Wolf, Ende 1989 auf mehreren Reisen nach Moskau flog?

Am 15. Januar 1990 befand ich mich am Abend inmitten Tausender Ostberliner auf dem geheimnisumwitterten Komplex der Stasi-Zentrale in der Normannenstraße in Lichtenberg. Ziellos lief ich als Reporter des privaten Radiosenders Hundert,6 auf den Gängen herum, um möglichst irgendetwas für meine Arbeit Verwertbares zu finden. Zertrümmerte Möbel in den Büros, zerbrochene Bilderrahmen auf dem Boden, Aktenordner überall auf den Fluren verstreut, Dokumente, die überall herumlagen. So viel, dass es auch für einen ehrgeizigen Journalisten unmöglich war, strukturiert nach irgendetwas zu suchen oder sogar etwas zu finden.

Andere waren anscheinend professioneller als ich, und sie waren keine Journalisten, sondern Mitarbeiter der amerikanischen CIA, die offenbar genau wussten, in welchen Räumen und Schränken sie etwas Brisantes finden würden. Heute hält sich die Geschichte, dass die Herrschaften aus Langley sogar aktiv mitgewirkt haben könnten, den Sturm des Volkes auf den Komplex in Lichtenberg zu organisieren. Und während ich in der Nacht in einem Studio saß und meinen Beitrag für die Frühnachrichten produzierte, packten in der Normannenstraße ein paar Leute 380 Datenträger mit den Namen von Stasi-Spitzeln im Westen auf etwa 350.000 Dateien ein und verschwanden in der Nacht.

Das ist die romantische Agentengeschichte, wie man sie uns erzählt hat. Es gibt aber auch noch eine andere Version, die ich für wahrscheinlicher halte, und die inzwischen in vielen Artikeln im Internet nachzulesen ist. Danach hatte seinen Vorgesetzten im Dezember 1989 dem HVA-Oberstleutnant Rainer Hemmann den Befehl erhielt, geheime mikroverfilmte Aktendateien nach Berlin-Karlshorst zu transportieren, um sie dort dem KGB-Verbindungsoffizier Alexander Prinzipalow auszuhändigen. Der sollte das streng geheime Material nach Moskau schaffen. Doch ein CIA-Agent habe damals Kontakt mit dem in Ost-Berlin stationierten KGB-Oberst Alexander Sjubenko geknüpft. Unter Einbeziehung eines weiteren KGB-Generals habe man dann einen Weg gefunden – für welche Gegenleistung auch immer – die brisanten Mikrofilme verschwinden zu lassen und in die USA zu schaffen.

Die “Rosenholz”-Dateien wurden 2003 nach langen Verhandlungen an die Bundesrepublik Deutschland übergeben. Ein großer Teil ist heute auf Antrag einsehbar – aber bei weitem nicht alle Dateien. Erschütternd dabei: sicher 16 und möglicherweise sogar 42 Abgeordnete des Deutschen Bundestages wurden von der Stasi als IM geführt. Wahnsinn, wie viele Verräter sich in solchen Positionen gegen ihr eigenes Land wenden. Und es gibt immer wieder ernstzunehmende Hinweise darauf, dass es auch heute solche Leute im Bundestag gibt, die gegen …Vorteile…das Geschäft anderer Mächte betreiben und das eigene Land verraten.

Ein kleinerer Teil der nicht zugänglichen Akten liegt weiter unter striktem Verschluss. Was und wer darin registriert ist, wissen wir alle nicht. Aber ich habe vorhin darüber nachgedacht, als ich Macron und Merkel reden hörte…

Die Wahrheit ans Licht bringen, das ist nicht ohne Geld zu machen. Bitte helfen Sie uns nach Ihren Möglichkeiten mit einer Spende über PAYPAL hier oder durch eine Überweisung auf unser Konto bei der Sparkasse Krefeld DE40 3205 0000 0000 2711 22 ! Vielen Dank!

image_pdfimage_print

Dieser Artikel wurde 10 mal kommentiert

  1. Der Zeitzeuge Antworten

    Die Abteilung 6 (Agitation und Propaganda) des DDR Ministerium für Staatssicherheit wurde 1955 gegründet, die Anzahl der Mitarbeiter erhöhte sich zwischen 1955 bis 1983 von 7 auf 87 Personen, die Abteilung 6 wurde 1983 in die „ZAIG“ Gruppe (Zentrale Auswertung und Information) eingegliedert die bis 1990 aktiv war.
    Das Aufgabengebiet der Mitarbeiter*innen umfasste nicht nur die kontinuierliche Gehirnwäsche der DDR Bevölkerung unter Verwendung von Printmedien und Fernsehproduktionen, sondern auch die gleichfalls kontinuierlichen, propagandistischen Angriffe auf die BRD, ob die Aufstellung der Bundeswehr, oder die Nazivergangenheit von Funktionsträgern (Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Bundesminister, Ministerpräsidenten der Bundesländer, etc) es gab keinen politischen Themenbereich, der von den Angriffen nicht betroffen war.
    Die psychische Manipulation der Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden hatten absolute Priorität, deshalb wurden dazu nur ranghohe, überwiegend ehrenamtlich für die Abteilung 6 tätige Mitarbeiter*innen (Armeeoffiziere, Partei-und FDJ Sekretärinnen und Sekretäre, etc.) eingesetzt, die ihre sozialistische Linientreue über Jahre unter Beweis gestellt hatten, zu ihnen gehörten auch die beiden FDJ Sekretärinnen Angela Merkel und Katrin Göring-Eckardt, der direkte Vorgesetzte der Damen war das Staatsratsmitglied Erich Honecker.
    In den Zeltlagern der FDJ (Freie Deutsche Jugend) wurde nicht nur Federball und Fußball gespielt und Lieder am Lagerfeuer gesungen, hier wurde der Sozialismus durch FDJ Sekretärinnen und Sekretäre glorifiziert und den jungen Menschen täglich in die Köpfe eingehämmert, parallel dazu wurden sie von den „Rotlichtbestrahlerinnen“ gegen die westliche Lebenskultur aufgehetzt und dazu erzogen, die westdeutsche Bevölkerung als Klassenfeinde anzusehen, ob die beiden Damen der Staatspartei SED offiziell angehörten, oder nur durch ihre Tätigkeit für das „MfS“ „ehrenamtlich“ mit ihr verbunden waren, sehe ich als sekundär an, sie waren auf jeden Fall keine Sympathisantinnen, sondern knallharte Gegnerinnen der Bundesrepublik Deutschland.

    • H.K. Antworten

      DAS wäre es doch:

      Die EINE im Kanzleramt.
      Inzwischen keine Fiktion mehr, seit 16 Jahren Realität.

      Die ANDERE ab 2022 im Schloß Bellevue.

      Fiktion.

      Erst im nächsten Jahr Realität …

      • Der Zeitzeuge Antworten

        Stimmt und für das deutsche Volk eine Geisterbahnfahrt mit Dauerkarte

  2. Ketzerlehrling Antworten

    Verräter? Merkel verrät Deutschland, das ist eine Sache. Wenn Dänemark, als EU-Mitglied, ein anderes Mitglied ausspioniert im Interesse anderer, finde ich das keineswegs in Ordnung. Im ureigenen Interesse wäre dies noch vertretbar, vor allem bei Darstellern wie Merkel eine ist.

  3. Hans-Joachim Leyh Antworten

    Nur eine Frage:
    Und was macht unser Geheimdiest?
    Stricken, Häckeln, Federball spielen?

    • H.K. Antworten

      Wenn DIE alles sagen würden, was sie wissen:

      „Die Wahrheit würde weite Teile der Bevölkerung verunsichern“.

  4. Susanne Wenzel Antworten

    Es ist an der Zeit, sich einmal mit diesem Thema zu befassen. Das ist sehr mutig von Ihnen, Herr Kelle. Mich treiben diese Fragen schon lange um. Deshalb kann ich nur folgende Bücher empfehlen: „Der Schützling“ von Dirk Koch (gerade erst erschienen). Hier geht es um den DDR-Agenten Adolf Kanter, bestens in Bonn mit allen vernetzt und lt. Markus Wolf wichtiger als Günter Guillaume. Der Autor hat als Spiegel-Mitarbeiter die Flick-Affäre ins Rollen gebracht. Man informiere sich mal darüber und betrachte es aus heutiger Sicht. Wer wurde damals alles geschmiert und konnte durch Kanters Informationen erpresst werden? Alles ein Sumpf unvorstellbaren Ausmaßes.
    Ein weiteres Buch zum Nachdenken: 1989 Mauerfall Berlin – Zufall oder Planung?
    von Michael Wolski. Sehr interessante Aspekte werden hier aufgegriffen.
    Wahrscheinlich können solche Bücher erst erscheinen, wenn gewisse Leute schon das Zeitliche gesegnet haben.

  5. HB Antworten

    Was ist bei diesen Menschen dort, wo andere ein Gewissen haben?
    Gestern Abend war auf arte ein Bericht über Jersey, sein Kinderheim, Mißbrauch, Mißhandlung über ein halbes Jahrhundert, Kinderskelette in Kellern, Verschleierung, Unterdrückung der Wahrheit, etc. Ich fasse das alles nicht.
    Und immer wieder die gekaufte Presse!

  6. Torsten von Stein Antworten

    Lieber Klaus, auch ich habe „das erste Leben der Angela Merkel“ gelesen. Die Vergangenheit war ein schmutzige und bis heute nicht aufgearbeitetes Kapitel. Das ist auch nicht gewollt. So sind auch Beiden (SED und STASI) nicht weg. Die Stasie besetzt honorige Posten in den Ämtern und die SED hat nach einigen Umbenennungen wieder eine gesellschaftlich akzeptierte Stelle als LINKE eingenommen. Und von Wahljahr zu Wahljahr wird sie Gesellschaftsfähiger.
    Nein, der politische Osten lebt. Nicht so wir das wollten.Aber mit Merkel wurde ein böses zerstörerisches Ei ins Nest gelegt. Und sie hat es ja auch geschafft. Der DDR Sozialismus ist wieder gesellschaftsfähig.
    „Den Deutschen“ kann, will und wird niemand helfen. Der Daumen wurde schon vor vielen Jahren gesenkt. Wir sind nicht souverän! Wir haben ja nichtmal eine Verfassung.

    • H.K. Antworten

      „ … Wir sind nicht souverän! Wir haben ja nichtmal eine Verfassung.“

      Hauptsache, wir haben ein von „Muttis“ Gnaden besetztes Bundesverfassungsgericht …

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert